gusbad

Digitalisierungsgeschichten

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Bedrohung

Dieses Schlebad spielt in einem Unternehmen, welches sich verändern wollte. Es hatte erkannt, dass die bisherigen Geschäftsmodelle immer weniger Umsatz einbrachten und man sich neue Themen, Produkte u.ä. aufbauen musste. Die Mitarbeiter wurden darauf eingestimmt, dass Veränderungen anstehen und aufgerufen, sich aktiv daran zu beteiligen. Es wurde Wert darauf gelegt, die Möglichkeiten der Digitalisierung mitzubetrachten und nicht nur mit dem “klassischen Blick” neue Ideen zu entwickeln.

Zur Entwicklung von neuen Ideen wurden Workshops durchgeführt, in denen sich Personen aus unterschiedlichen Abteilungen trafen und sich über ein bestimmtes Thema austauschen sollten. Moderiert wurden diese Workshops von der IT Abteilung oder externen Personen. Die einzelnen Wortmeldungen und auch ein ggf. vorhandenes Resultat sollten protokolliert werden.

Diese Geschichte betrifft eine junge Kollegin aus der IT Abteilung. Sie hatte in einem der ersten Workshops die Aufgabe bekommen, die Wortmeldungen zu protokollieren, das Protokoll dann “schick” zu machen und an den Teilnehmerkreis zu verteilen.

Bei der Vorbereitung des Workshops wurde erkannt, dass die allgemeine Protokollvorlage des Unternehmens nicht geeignet ist, da diese vor allem Entscheidungen erfassen sollte. Eine freie Diskussion, in der sich Meinungen auch mal ändern können und wo es im Nachgang interessant ist, den Verlauf der Diskussion (z.B. auch Anmerkungen und Bedenken) zu protokollieren, musste anders dokumentiert werden. Es wurde also im Vorfeld eine abweichende Protokollvorlage entwickelt und diese auch verwendet.

Nach dem Workshop wurde das Protokoll an die Teilnehmenden und Interessenten (z.B. die Geschäftsführung) verteilt. Wenige Tage danach klingelte das Telefon der jungen Kollegin. Am Ende war eine Sekretärin aus dem engeren Kreis der Geschäftsführung. Es folgte ein ca. 10 min Gespräch bei der nur eine Seite aktiv war und Sätze wie “Wenn Sie sich hier nicht an die Regeln halten, werde ich dafür sorgen, dass Sie in diesem Unternehmen keine Karriere machen können.” fielen. Stein des Anstoßes war die Art des Protokolls, welches nicht den Wertvorstellungen dieser Mitarbeiterin aus dem Kreis der Geschäftsführung entsprach.

Die Kollegin war geschockt und hat ihr Erlebnis vertrauensvollen Kollegen Ihrer Abteilung erzählt. Von denen wurde sie gebeten, sofort ein Gesprächsprotokoll anzufertigen und dies dem Betriebsrat zu übergeben. Das tat sie.

Um es kurz zu machen: es gab nie Konsequenzen und die junge Mitarbeiterin hat ihre Karriere in die eigenen Hände genommen, indem sie das Unternehmen kurze Zeit später verlassen hat.

Kommentar

Wie sollen in so einer “Kultur” neue Ideen entstehen? Warum sollten Mitarbeiter sich so etwas antun? Sind “Organisationskulturen aus dem Mittelalter” der eigentliche Grund für den Fachkräftemangel? Hat es sich noch nicht herum gesprochen, dass gerade die junge Generation andere Karrierevorstellungen hat und nicht so auf Visitenkartentitel, Statussymbole, Eckbüro, Dienstwagen u.ä. steht?

Wenn man auf diese Weise junge, motivierte und vor allem gute Mitarbeiter verliert, dann bleibt irgendwann nur ein gewisser “Rest” übrig. “B-Kader stellen B- und C-Kader ein”. Ob das dann ausreicht, eine Organisation in die Zukunft zu führen? Externe Mitarbeiter können nur kurzfristig entlasten. Entscheiden, verantworten und “langfistig am Ball bleiben” müssen die Organisationen selbst.

Man sollte nicht unterschätzen, wie viel Macht in einem Unternehmen durch Beziehungsnetzwerke oder bloße Betriebszugehörigkeit ausgespielt wird. Wenn man im Unternehmen etwas verändern will oder sogar muss, dann muss man das sogenannte “Change Management” ernst nehmen. Durchaus als dritte Instanz - also nicht besetzt mit Mitarbeitern aus dem Projektteam bzw. aus dem Kreis betroffener Mitarbeiter - und mit ausreichend “Durchschlagskraft”. Sonst kann man solche Störungen aus dem Umfeld der Geschäftsführung nicht zufriedenstellend klären. Es muss dafür ausreichend Budget vorhanden sein. Beispielsweise 20%-50% der geschätzten operativen Projektaufwände.

In diesem Fall hat einmal mehr die Bürokratie zurück geschlagen, weil gängige “Regeln” verletzt wurden.