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Digitalisierungsgeschichten

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Mathematik

Dieses Schlebad zeigt ein Beispiel wie durch fehlende mathematische Grundlagen, fehlendes Prozessverständnis und fehlendes Verantwortungsbewusstsein unnötige Aufwände im Unternehmen und schlechte Lösungen für den Kunden entstehen.

10% weniger Kosten

In einem Strategieprozess eines Unternehmens kam der Vorschlag, jährlich 10 % die Kosten zu reduzieren.

Daraufhin kam etwas provokativ die Frage, wo dann das Unternehmen in 10 Jahren mit seinen Kosten stehen würde (sicher nicht bei 0 aber unter 40% der Kosten des Ausgangsjahres Kosten(Jahr 10)= Kosten(Jahr 1)0,90,9 …* 0,9= Kosten(Jahr 1) *0,387…)

Daraufhin kam als 2. Frage, wie denn ein Unternehmen aussieht, das Kosten von 0 hat und ob dieser Zustand wirklich für die Zukunft gewollt ist?

10% mehr Gewinn

In Unternehmen werden beispielsweise bei Strategieveranstaltungen für Führungskräfte solche Ziele ausgerufen wie: “x Prozent mehr Gewinn im Jahr y”.

Was bedeutet das, wenn man sich dem Thema etwas nüchterner nähert?

Die “Grundformel” der Betriebswirtschaftslehre lautet: Gewinn (G) = Erlös (E) - Kosten (K).

Wenn man also den Gewinn um 10% steigern will, hat man genau zwei Stellschrauben: Erlös und/oder die Kosten.

Welche Möglichkeiten haben jetzt beispielsweise die Führungskräfte einer Krankenkasse/Versicherung, die diese Zielvorgaben erhalten und bei denen die Kunden (Versicherte) nicht so einfach “nachwachsen”?

Man könnte durch attraktive Angebote den Mitbewerbern Kunden abjagen und damit mehr Erlöse einfahren. Das wird aber auch höhere Kosten verursachen und man müsste ggf. die eigenen Produkte günstiger machen, was die Erlöse schmälert. Solche Investitionen in die Zukunft sind aktuell schwer durchzusetzen.

In den Unternehmen fehlt der Mut und Wille zur Veränderung und man muss vorher Kosten-Nutzen-Betrachtungen anstellen, was eigentlich in unserer sich schnell verändernden komplexen Welt oft nicht möglich ist. Daher bleibt eine wirkliche Veränderung auf der Strecke und es wird die Stellschraube “Kosten” benutzt: der Abbau von Personal u.ä. ist kurzfristig messbar und sorgt für das Erreichen der gewünschten Gewinnerwartungen.

Langfristig ist es aber das, was wir inzwischen verstärkt wahrnehmen: die Unternehmen/Organisationen fahren auf Verschleiß und zehren von den Erfolgen der Vergangenheit. Eine dann irgendwann notwendige existenzielle Veränderung ist dann kaum noch aus eigener Kraft zu schaffen.

Zurück zum Beispiel der Krankenkassen/Versicherungen: Man könnte auch einen anderen “Marktbegleiter” übernehmen, sich damit die Kunden einverleiben und durch diese “Zusammenlegung” doppelte Prozesse optimieren. Das ist aber eine strategische Entscheidung auf höchster Ebene. Die Führungskräfte in den tieferen Ebenen haben diese Option nicht und werden daher weiterhin an der Kostenschraube drehen.

Rabatte und Prozentrechnung

In einem Lieferantenvertrag (Wertkontrakt) wurden Rabatte vereinbart. Leider wurde vergessen, die Basis eindeutig zu beschreiben. Damit ging ein Teil der Beteiligten (Fachbereich und Lieferanten) davon aus, dass die Bestellposition die Rabatthöhe bestimmt. Ein anderer Teil ging von der Gesamtabrufhöhe als Grundlage aus und andere wiederum davon, dass alle Abrufbestellungen zu einer Baustelle die Rabatthöhe bestimmt.

Die fehlende Eindeutigkeit birgt nicht nur die Gefahr aufwändiger Klärungsprozesse, sondern macht auch jede Automatisierung der Rabattbestimmung unmöglich.

Fehlende Prozessklärung vor Veränderungen

Im Laufe der Klärung setzte sich beim Auftraggeber der Wunsch nach einer Bündelung der Rabatte über die jeweilige Baustelle durch. Die Abrufbestellungen wurden aber zum großen Teil über einen Prozess generiert, bei dem unterschiedliche Bearbeiter Instandhaltungsmeldungen erzeugten, die dann wiederum Bestellanforderungen nach sich zogen, die dann einzelne Abrufbestellungen auf Basis eines Wertkontraktes generierten. Innerhalb dieses Prozesses gab es kein Datenobjekt, an dem eindeutig die Baustelle erkennbar war. Insbesondere auch nicht im Kontext der Abrufbestellungen.

Die Verteilung des Wertes der einzelnen Abrufe nahm mit dem Wert der Abrufe erheblich ab. Im höherpreisigen Segment erfolgte durch die Fachabteilung eine Koordinierung der Baumaßnahmen und sie erklärte sich bereit, auch die Rabatte in die Bestellungen manuell einzupflegen, selbst bei Werten, die in der Vergangenheit der Einkauf bearbeitet hatte. So hatte man mit dem neuen Wertkontrakt die Wertgrenze deutlich angehoben, was dazu führt, dass bisher vom Einkauf individuell verhandelte Normalbestellungen nun automatisiert über Abrufe laufen konnten.

Insbesondere im Segment, bei dem der einzelne Abruf unter der minimalen Rabattstufe lag, wurden aber im Vorjahr mehrere tausend Abrufbestellungen generiert. Von einigen Beteiligten bestand der Wunsch, auch hier durch Bündelung über die Baustelle in den Genuss des Rabattes zu kommen. Der Fachbereich wies dieses Ansinnen mit dem zu erwartenden Prozessaufwand zurück. Durch ein Stichprobenverfahren und manuelle Bearbeitung wurde die mögliche Rabatthöhe im unteren Segment abgeschätzt.

Prozess- und Verantwortungsverständnis

Im Laufe der Diskussion führte der Einkauf seine eigene Begriffswelt ein und erklärte u.a. die Abrufbestellung zu einem eigenen Datenobjekt gegenüber der Bestellung. Bei der Zieldefinition gab er noch vor, die bisherigen Prozesse beibehalten zu wollen, bestand aber darauf, dass er für Abrufbestellungen nicht verantwortlich sein.

Da er bisher ab einem Schwellwert die Beschaffung in Form von Normalbestellungen nicht nur verantwortet, sondern auch operativ durchgeführt hatte, verstand er nicht als Prozessänderung. Trotzdem forderte er eine eigene Freigabestufe ab einer bestimmten Abrufhöhe, obwohl er im Prozess keine Handlungen vornehmen werde. Das Angebot, im Rahmen der Wahrnehmung seiner Gesamtverantwortung für die Beschaffung über geeignete Reports zu steuern, lehnte er damit ab.

Kommentar

Es ist immer das gleiche Bild: Unternehmen bzw. Organisationen arbeiten wie viele kleine Räder - teilweise sogar gegeneinander - anstatt als Getriebe, welches die Ziele des Unternehmens verfolgt. Tellerranddenken, fehlende Kompetenzen, fehlendes Verantwortungsbewusstsein und Prozessverständnis verursachen unnötige Kosten und schaffen schlechte Lösungen für die Kunden.

In diesem Fall waren allein die Kosten für den Klärungsprozess höher als die möglichen Rabatte. Es wurden erhebliche Kapazitäten von IT und Fachbereichen gebunden, welche für andere Aufgaben nicht zur Verfügung standen. Dass durch solche Rahmenbedingungen die Wirtschaftlichkeit von Prozessänderungen eher schlecht ist, spült Wasser auf die Mühlen der Personen, die sich nicht verändern wollen. Der viel beschworene Teamgeist leidet und es ist nicht verwunderlich, dass in solchen “Umgebungen” die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen nicht besonders ausgeprägt ist.